Notiz zum Wahlsonntag 9. Oktober 2022
Was sagen uns die Ergebnisse der LTW Niedersachsen und der OB-Stichwahl in Cottbus?
Mit Nazis geh’ ich spazieren,…
Vor einer
Woche hat die extreme Rechte zum Aufmarsch nach Berlin gerufen und
Tausende kamen. Die AfD verpasste der Veranstaltung das Motto “Unser
Land zuerst”. Wäre man nicht um eine rein deutsche Wortwahl bemüht,
hätte es vermutlich direkt “Make Germany great again” gelautet. Statt
konstruktive sozialpolitische Forderungen zu stellen und gegen
Missstände zu protestieren, wurden durchaus berechtigte ökonomische
Sorgen aufgegriffen, um Panikmache zu veranstalten. Vordergründiges
Anliegen des Aufmarsches war es ganz offensichtlich, Zweifel an den
demokratischen Instanzen zu säen, die Systemfrage zu stellen und sich
auf Nationalismen zu konzentrieren.
Diejenigen, die kamen und
mitmarschierten, zeigten sich gänzlich unbeeindruckt von
Reichskriegsflaggen und Hitlergrüßen. Rechtsextreme Symbole waren
zahlreich zu sehen. Die eigenen Ängste, Sorgen und Nöte lautstark nach
außen zu tragen, sich Gehör zu verschaffen, ist das gute Recht von jeder
und jedem –- bei der Demonstration am Samstag ging es der AfD vor allem
darum, die bitter nötige Frage nach sozialer Gerechtigkeit nach
rechtsaußen zu verschieben. Den Menschen vor Ort war es traurigerweise
gleichgültig, ob sie neben strammen Nazis aufliefen.
Niedersachsens AfD verdoppelt
Während
sich am Tag darauf, dem 9.Oktober, der rechtsterroristische Anschlag in
Halle zum dritten 3. Mal jährte, ließen Menschen in Niedersachsen durch
ihre Wahlentscheidung die AfD im zweistelligen Bereich landen. Mit
knapp 11 Prozent kamen sie auf fast 5% mehr Stimmen als bei der letzten
Landtagswahl 2017. Fast schon mit Gleichgültigkeit wurde dieser
Stimmenzuwachs von den Wahlverlierer*innen aufgenommen, Sorgen machte
man sich vor allem über “linke Mehrheiten”.
Heute koch ich, morgen back ich, übermorgen …
… hol ich mir die ganze Stadt? Manchmal kommt es anders, auch wenn man den Mund ziemlich voll nimmt. Die sogenannte Alternative für Deutschland geht bei der Cottbuser Oberbürgermeisterwahl leer aus. Am Ende wollten wohl genügend Leute doch z.B. keine dem Rathaus eigens unterstellte Stadtpolizei, die “Cottbus wieder sicher machen” würde. Wenn nämlich jemand in der Stadt nicht sicher ist, dann sind es wohl vor allem Menschen, die von Kameraden der „Kampfgemeinschaft Cottbus“ ins Visier genommen werden.
#Cottbusbleibtstabil
Also, aufatmen. Aber wirklich beruhigend ist das Ergebnis dennoch nicht. Lars Schieske, der für die sogenannte Alternative für Deutschland in der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt der brandenburgischen Stadt Cottbus aufgestellt war, unterlag zwar eindeutig. Aber immerhin haben gut 31% der Wähler*innen für ihn gestimmt. Rund ein Drittel derer, die zur Wahlurne spazierten, wollten einen AfD-OB bekommen. Mindestens genauso alarmierend ist, dass 45% der Wahlberechtigten einen rechtsextremen OB nicht versucht haben zu verhindern. Sie fanden es nicht wichtig genug, ihre Stimme einzusetzen. So gesehen ist das Ergebnis für Cottbus zwar auf den ersten Blick positiv, auf den zweiten Blick aber zeigt es, dass dringend etwas unternommen werden muss, um demokratisches Mitgestalten attraktiv zu machen. Auch in Niedersachsen ist die Wahlbeteiligung etwas gesunken im Vergleich zur letzten Landtagswahl.
Menschen, die sich in Cottbus für demokratische Werte und gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen, sind mutig, denn ihre Gegner*innen suchen nicht unbedingt den freundlichen Austausch über die unterschiedlichen Weltbilder. Unterstützt Organisationen, die tapfer seit Jahren und zwar Tag für Tag ihr Engagement hochhalten, damit Cottbus stabil bleibt, z.B. Aktionsbündnis Brandenburg, Opferperspektive, Initiative Cottbus ‘92, Unteilbar Südbrandenburg, Flüchtlingsrat Brandenburg.
“Solidarischer Herbst” – Demonstrationen in sechs Städten
Krach machen für soziale Gerechtigkeit und eine Zukunft auf diesem Planeten – das finden wir generell absolut angebracht. In Berlin, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Frankfurt und Stuttgart ruft ein breites Bündnis zu Demonstrationen am 22.10. auf. Kommt zahlreich und unterstützt die Forderungen:
… zielgerichtete Entlastungen für jene, die Unterstützung dringend brauchen: einen Mietenstopp, ein höheres Bürgergeld, eine 500-Euro-Brutto-Soforthilfe, eine bezahlbare Nachfolge für das 9-Euro-Ticket und einen Schutzschirm für die Daseinsvorsorge – von Stadtwerken und Schulen bis zu Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen.
… eine Gesamtstrategie für eine nachhaltige, bezahlbare Grundversorgung: Energie, Mobilität, Ernährung und Wohnen sowie soziale und kulturelle Teilhabe muss für alle bezahlbar sein.
… massive Investitionen, um uns für die Zukunft krisenfest zu machen: einen Schub für den naturverträglichen Ausbau Erneuerbarer Energien, dauerhafte Energieeinsparungen und Gebäudesanierung, groß angelegter Ausbau klimafreundlicher Infrastruktur wie dem öffentlichen Nahverkehr und die Förderung der Ökologisierung der Landwirtschaft.