Deine Tante benutzt “schwul” als Synonym für etwas Negatives? #sprichesan
Ob Hautfarbe, Religion oder sexuelle Orientierung – wer aus der vermeintlichen Norm fällt, hat es häufig schwerer in unserer Gesellschaft. Diskriminierende Äußerungen sind heute leider noch immer gang und gäbe im Alltag. Was also tun? Ansprechen und richtigstellen! Vor allem dann, wenn diese diskriminierenden Aussagen auch noch aus dem eigenen Familienkreis stammen, so wie es Josi an Weihnachten erlebt hat. Ihre ganze Geschichte und wie sie Diskriminierung Paroli geboten hat, könnt ihr in diesem Blog-Artikel lesen.
Was ist passiert?
Josi: “Während Weihnachten für die einen das Fest der Liebe ist, sind es für andere drei lange Tage im Jahr, an denen alte und längst begraben geglaubte Familienkonflikte neu aufgewärmt werden. Und ja, auch in meiner Familie gibt es alle Jahre wieder ein bisschen Krach. Der Auslöser beim letzten Mal? Als meine Tante irgendwo zwischen besinnlicher Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung und dem zweiten Aperitif den Satz „Das sieht einfach schwul aus“ raushaute.
Das war ihre Antwort auf die Frage meines 10-jährigen Cousins, warum er sich kein Ohrloch stechen dürfe. Zunächst habe ich nichts dazu gesagt. Denn: An Weihnachten will man keinen Streit. Und erst recht keine Grundsatz- und Wertediskussion. Aber dann grätschte ich doch dazwischen. Zuerst fragte ich sie, was genau Ohrringe mit „schwul sein“ zu tun haben und ob sie eigentlich wüsste, was der Begriff „schwul“ bedeute.
Wir diskutierten noch eine Weile hin und her, bis wir das Thema schließlich des weihnachtlichen Familienfriedens willen ad acta legten.”
#SprichEsAn: Was genau?
Kleiner 5: „Was genau fandest du problematisch an der Reaktion deiner Tante auf den Ohrring-Wunsch deines Cousins?”
Josi: “Ihre Wortwahl war in meinen Augen ein absolutes No-Go beziehungsweise No-Say. Es darf nicht sein, dass Adjektive wie „schwul“ oder “behindert”, die neutral einen Zustand der sexuellen Orientierung oder der Gesundheit beschreiben, noch immer als Schimpfwort missbraucht oder in einem abwertenden Kontext benutzt werden. Solche Aussagen spalten die Gesellschaft und sind ein Nährboden für soziale Ungleichheit und Ausgrenzung.”
#SprichEsAn: Und warum?
Kleiner 5: „Warum hast du das Wort ergriffen?“
Josi: “Ich war geschockt, dass jemand aus meiner eigenen Familie so eine diskriminierende Aussage macht. Auch wenn ich weiß, dass meine Tante “es ja nicht böse meinte”, konnte ich ihre Aussage trotzdem nicht so einfach durchgehen lassen.
Habe ich den Sprachgebrauch von ihr nachhaltig beeinflusst? Wahrscheinlich nicht. Aber: Ich habe ihr widersprochen und ihren abwertenden Kommentar nicht im Raum stehen lassen. Und das war mir vor allem deshalb wichtig, weil mein kleiner Cousin die ganze Zeit zuhörte.”
#SprichEsAn: Aber wie?
Unsere Tipps für solche Situationen:
Das Wichtigste ist: Akzeptiere keine diskriminierenden Aussagen.
Formuliere
klaren Widerspruch, ohne dich dabei zu sehr aufzuregen. Und mache
deutlich, dass du die Rechte und die Würde aller Menschen schützt.
Weise dein Gegenüber darauf hin, dass der Kommentar abwertend war und Menschen diskriminiert. Im “besten Fall” handelt es sich um eine unreflektierte Aussage oder einen Versprecher und die Person korrigiert sich auf deinen Hinweis hin. Im “schlimmsten Fall” wird eine kleine Diskussion losgetreten. Setze dann inhaltliche Standards, indem du dich auf klare Begriffsdefinitionen beziehst.
Sind andere Leute anwesend, wie in Josis Geschichte? Auch wenn man manchmal vielleicht nicht diejenige Person erreicht, die man anspricht, lohnt sich das Ansprechen schon allein, um allen Zuhörenden im Raum bestimmte Grenzen aufzuzeigen.
Vor allem gilt: Bleibe radikal höflich. Das bedeutet, Diskussionen sachlich und respektvoll zu führen und gleichzeitig Hass und Ausgrenzung aktiv entgegenzutreten.
Hast du Ähnliches erlebt? Schick uns eine Mail mit deiner Geschichte an geschichten@kleinerfuenf.de oder teile sie in deiner Instagram Story unter #sprichesan.